"Die Flip-Flop-Leute am Gletscher"
Damals, als es den Gletscher auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe noch gab, war es ein alltägliches Bild. Die Pasterze ist weitgehend verschwunden – nicht aber die Menschen, die völlig sorglos und ohne jegliche Selbstverantwortung im alpinen Gelände unterwegs sind.
Bernhard Pichler-Koban, heutiger Geschäftsstellenleiter der Kärntner Bergrettung, erinnert sich noch gut daran. Damals vor 10–15 Jahren: „Die Leute sind mit dem Auto hin, mit dem Schrägaufzug hinuntergefahren, und nach wenigen Schritten waren sie dann beim Gletscher – und das mit dem Zeug, das sie halt beim Autofahren so haben, d. h. auch mit den FlipFlops.“
Die Leichtsinnigkeit und Sorglosigkeit der Menschen unterwegs im alpinen Gelände hat auch den Begriff der „Vollkasko-Mentalität in den Bergen“ geprägt: Einfach losgehen, ohne entsprechende Ausrüstung, ohne Erfahrung, ohne Plan. Und sollte sich eine Notlage ergeben, steht ohnehin jederzeit jemand zur Hilfe parat. Vor allem in den westösterreichischen Bundesländern, mit all den touristischen Hotspots im Hochgebirge, ist es ein aktuelles, immer wiederkehrendes Thema. „In Kärnten haben wir klassische Wanderberge und daher auch keine auffällige Häufung an außergewöhnlichen Einsätzen. Der normale Standardeinsatz ist eine Verletzung, weil jemand irgendwo gestolpert, ausgerutscht oder einmal über einen steileren Weg abgerutscht ist und die Hilfe der Bergrettung braucht, um ins Tal zu kommen“, so Pichler-Koban. Auch national gesehen sind Stürze und Abstürze aufgrund von Stolpern und Ausrutschen auf Wanderwegen und Steigen die Unfallursache Nummer eins, gefolgt von medizinischen Notfällen und Erschöpfung. Auf Platz vier folgt Verirren.
„Natürlich gibt es auch Einsätze, die polarisieren, aber aus unserer Erfahrung können wir der Gesellschaft nicht diese viel diskutierte Vollkasko-Mentalität umhängen. Ich muss immer die Frage stellen, ob sich jemand absichtlich oder wissentlich verletzt, nur weil er weiß, dass Hilfe kommen würde. Nein, sicherlich nicht. Da glaube ich schon an den Menschenverstand“, meint Pichler-Koban. Von Jänner bis Ende September 2025 gab es für die Kärntner Bergrettung insgesamt 232 Alpineinsätze, davon 120 in den Urlaubsmonaten
Juli und August. „Häufigster Grund unserer Ausrückungen ist schlampige Touren- und Wetterplanung sowie Nachholbedarf beim Material. Es ist schon mehrmals vorgekommen, dass Leute im Sommer auf 3.000 Meter mit leichter Kleidung herumgewandert sind, und plötzlich hat es durch einen Kaltluft-Einbruch zu schneien begonnen“, so der Geschäftsstellenleiter der Kärntner Bergrettung.
Gründliche Tourenplanung wichtig
Zu berechnen sind die Wegstrecke und die Höhenmeter, die in einem angemessenen Zeitrahmen zu bewältigen sind, dazu Pichler-Koban: „Wichtig dabei sind der Self-Check von Kondition und Können, die für die Tour geeignete Ausrüstung samt Notfallausrüstung sowie genügend Proviant inklusive ausreichend Flüssigkeit. Schuhwerk und Kleidung müssen der Tour angepasst sein.“
Für die Tourenplanung gibt’s mittlerweile jede Menge Apps, die zuverlässige Auskünfte liefern. „Mit den Eckdaten über Wetter, Höhenmeter, Entfernungen oder auch Steigungen, die mir die App liefert, kann ich eine Tour super planen“, meint Pichler-Koban, setzt aber nach: „Worauf ich mich jedoch niemals verlassen sollte, ist die Kommentarfunktion, denn das sind rein subjektive Befindlichkeiten. Wenn hier ein Topbergsteiger etwas postet, dann ist für ihn eine schwierige Tour vielleicht ein Klacks, für einen anderen ist sie aber nicht mehr machbar.“
Text: Gerlinde Tscheplak

