Die Drau: Unheilbringerin und Wohltäterin
Abwechslungsreich wie unsere Geschichte präsentiert sich auch die Drau im Wandel der Zeiten für die an ihren Ufern lebenden Menschen.
Einmal war sie Wohltäterin und lebensnotwendig, oft aber auch Unheilbringerin und für zu viele Menschen und Tiere das nasse Grab. Nicht nur die Landwirtschaft litt unter einer großen Anzahl an Überschwemmungen, Dörfer in ihrem Nahbereich, selbst Städte wie Villach, erlebten immer wieder schwere Überschwemmungen, denen auch Brücken zum Opfer fielen. Bald nach ihrem Ursprung am Toblacher Feld in Südtirol gestaltete die Drau auf ihrer 749 km langen Fließstrecke bis zur Mündung in die Donau bei Osijek in Kroatien die Landschaft über weite Strecken mit.
Die Wucht des Hochwassers
Wer in alten Karten stöbert, wird feststellen, dass Kärntens Hauptfluss auf gewissen Flusskilometern einst mehrarmig große Flächen im Tal beanspruchte: wie etwa zwischen Molzbichl und Mauthbrücken. Unwetter und Überflutungen fügten den Siedlern und der Landwirtschaft große Schäden zu – oft mehrmals im Jahr. Ein Beispiel dafür ist Lansach bei Weißenstein. Zeitzeugen können noch heute von den – hoffentlich – letzten Katastrophen in den Jahren 1965 und 1966 berichten. Schäden an Häusern und Brücken, an begleitenden Straßen und Wegen waren zu beklagen.
Bauern mussten ihr Vieh ins Obergeschoß der Ställe treiben. Familien blieben tagelang in ihren Häusern eingeschlossen. Besonders schwer betroffen waren flussnahe Dörfer. Im oberen Drautal musste man sogar Tote beklagen. Die Last des Hochwassers wurde der Bevölkerung erst durch Regulierungen und den Kraftwerksbau genommen. Insgesamt zehn Drau-Kraftwerke versorgen uns heute mit Strom.
Wohltäterin
Nach einem Hochwasser im Jahr 1864 schrieb die Grazer Tagespost, dass „die Drau im Unteren Drauthale für den Segen den sie bringt auch wucherische Zinsen einfordert“. Doch der Fluss brachte auch Gutes, wie etwa Baumaterial. Der Schotterreichtum vom „Gries“ (Schotterbank) durfte bis lange nach dem 2. Weltkrieg auch für den privaten Hausbau genutzt werden. Mit dem Pferdefuhrwerk, mit Manneskraft und Schaufel wurde das kostenlose Baumaterial vom Flussbett auf die heimische Baustelle gebracht.
Nasses Grab
Zu ihrem vorübergehenden nassen Grab wählten Lebensmüde über Jahrhunderte die Drau oft als Ziel aus. Noch in meiner Kindheit war von Menschen mit Problemen – dann und wann – der Satz „I geh in die Drau“ leichtfertig hingesagt zu hören. Es waren nicht wenige, die diesen unseligen Weg wählten.
Transportweg
Geschickte Kaufleute nutzten einst den Wasserreichtum des Alpenflusses mit Flößen als Transportweg – nicht zuletzt um das „grüne Gold der Berge“, das Holz, in die Städte, zu Baustellen oder außer Landes zu bringen. Wichtige Anlaufstationen für die Flößer waren in unserem Bereich Feistritz an der Drau, Villach, Rosegg und weiter unten die Hollenburg. Bauund Brennholz für Klagenfurt wurde oft in Rosegg auf Pferdefuhrwerke verladen, nach Velden transportiert und mittels Schiff nach Klagenfurt gebracht.
In den 1970er- und 1980er-Jahren genoss der grüne Fluss bei Fliegenfischern europaweit einen guten Ruf. Klares Wasser, der Reichtum an Edelfischen wie Äsche oder Bach- und Regenbogenforelle lockte spendierfreudige Gäste an. In der kalten Jahreszeit bis Ende Februar stellten Einheimische und Gäste dem begehrten Drau-Huchen nach.
Längst werden der Fluss und seine Ufer für Freizeitaktivitäten genutzt: Die Flößer von einst werden heute von Paddlern ersetzt, Radler aus halb Europa strampeln sich am internationalen Radweg ab, und Einheimische nutzen die ausgebauten Uferzonen in Stadt und Land.
Text: Hans Messner

