Ausgabe 39: Frühjahr / Sommer 2019

Digitaler Lifestyle zieht in die Küche ein

Wie schaut die Küche der Zukunft aus, welchen Einfluss haben Foodtrends auf Wohntrends und
wie smart können wir Kochen, Wohnen und Essen vernetzen. Trends künftiger Küchengestaltung.

„Auch in Zukunft wird die Küche im Zentrum des Wohnens stehen, in der neben ihren traditionellen Funktionen als Zubereitungsort der Speisen und als sozialer Treffpunkt noch eine andere Kultur gepflegt wird“, so der Schweizer Stardesigner Alfredo Häberli. „In der Future Kitchen wird der bewusstere Umgang mit den Ressourcen zum Alltagsritual.“ Häberli präsentierte auf der diesjährigen IMM Cologne seine Vision der zukünftigen Küche.

Lebensraum Küche

Zur künftigen Einrichtung gehört nach seiner Vorstellung beispielsweise ein transparenter Kühlschrank, der dafür sorgt, dass alle Lebensmittel immer im Blickfeld sind. Die beim Öffnen der Kühlschranktür freigegebene Energie wird auf eine darunter integrierte Ablage geleitet, die als Wärmeregal für Geschirr dient. Oder aber ein trapezförmiges, dünnes und portables Kochfeld: es kann überall hingestellt und sowohl als Herd als auch zum Warmhalten von Speisen genutzt werden. Der von Häberli entworfene Backofen kann sich bei Bedarf von der Decke absenken und ist ebenfalls transparent, um alle Vorgänge im Blick zu haben und Wärmeverluste durch unnötiges Öffnen der Ofentür einzusparen.

Smarter Herd & kommunikative Waschmaschine

Egal ob große Küchen, kleine Küchen, Einbauküchen oder Wohnküchen – sie sind stark individuell geprägt und multifunktional. Bislang unverrückbare Geräte wie Herd oder Ofen wandern mit den Küchenbenutzern von einem Platz zum anderen oder werden platzsparend verschoben. Ausstattungselemente werden aber nicht nur verstärkt mobil, sondern auch zunehmend digital. Viele Hersteller haben bereits vor Jahren den neuen Zeitgeist erkannt. 2016 wurden laut Statistik weltweit bereits rund 4,6 Millionen autonome Haushaltsgeräte verkauft – bis 2020 wird ein neuerliches Wachstum von rund 25 Prozent prognostiziert. Die digitalisierte und vernetzte Welt bestimmt alle unsere Lebensbereiche, so auch die Küche. Der Geschirrspüler kommuniziert mit dem Backofen, der Herd mit dem Dunstabzug, der Rauchmelder mit dem Smartphone. Die Gerätschaften lassen sich einfach und schnell über Apps oder WLAN steuern; sie denken mit und übernehmen Einstellungen: die Waschmaschine dosiert je nach Bedarf das Waschpulver, der Herd von morgen hat eine benutzerfreundliche Oberfläche, die neben seiner traditionellen Funktion künftig auch zur multimedialen Informations und Kommunikationsplattform wird.

Küche spiegelt den Zeitgeist wider

Neben der Digitalisierung werden vor allem aber auch gesellschaftliche Entwicklungen wie etwa die Überalterung der Gesellschaft, der veränderte Stellenwert von Kindern, neu definierte Geschlechterrollen oder die stetig wachsende Zahl an Singlehaushalten die künftige Marschrichtung der Planer und Entwickler vorgeben. Wie eine Küche schlussendlich gestaltet ist, hängt zudem stark mit den jeweils angesagten Koch- und Ernährungstrends zusammen. Laut Food Report 2019 ist „genussvoll und gesund“ sowie das Bedürfnis nach mehr Transparenz – also zu wissen, was wir essen und woher die Nahrungsmittel kommen – aktuell ein ganz zentrales Thema. Indoor- Gardening nimmt diesen Trend auf und schafft damit auch im urbanen Bereich die Möglichkeit, zu einem teilweisen Selbstversorger zu werden.

Der grüne Daumen wird digital

Smarte Gerätschaften sorgen dabei für ein optimales Ergebnis. Gepflanzt wird ohne Erde in einer Art hochmodernem Pflanzhaus, ausgestattet mit einem smarten Bewässerungs- und Lichtsystem. Das Gerät erkennt die unterschiedlichen Wachstumsphasen, den jeweiligen Wasser- und Lichtbedarf. Die Kräuter, Pilze, Früchte und das Gemüse können damit künftig ganzjährig frisch und direkt in der Küche aus der smarten Gewächs-Box im Küchenkastl geerntet werden. Die Küche der Zukunft ist also bestimmt von unterschiedlichsten, allgemeinen Trends. Eines wird sich aber wohl auch in Zukunft nicht ändern. Die Küche bleibt als „Seele des Hauses“ ein wichtiger Ort der sozialen Zusammenkunft. Ein multifunktionaler Aufenthaltsund Arbeitsort, dem auch scheinbar banale Alltagsgegenstände wie etwa der Küchentisch gerecht werden müssen. Durch die zunehmend kleineren Wohneinheiten, vor allem im urbanen Bereich, werden künftig alle Elemente mehrere Funktionen erfüllen müssen, verschiebbar, wandelfähig und am besten digital steuerbar sein.

Text: Gerlinde Tscheplak