Ausgabe 37: Frühjahr / Sommer 2018

Fachkräftemangel bremst die Wirtschaft

Die Auftragsbücher der Kärntner Betriebe sind laut Konjunkturumfragen gut gefüllt, doch viele Unternehmer plagen
trotzdem Sorgen: Sie finden keine Fachkräfte – und zu wenig Jugendliche, die Fachkräfte werden wollen.
Die Lehrlingszahlen sind weiter im Sinken.

Das Foyer des Congress Center Pörtschach ist dicht gefüllt. An den Stehtischen stehen Unternehmer zusammen – und trotz guter Konjunkturdaten und guter Auftragslage sind viele ernste Gesichter zu sehen. Das liegt vor allem an dem Thema, das die gemeinsame Fachgruppentagung der Kärntner Metaller, Elektrotechniker, Installateure und Mechatroniker dominiert: der Fachkräftemangel.

„Dieses Problem zieht sich gleichermaßen durch unsere Branchen“, so Klaus Rainer, Landesinnungsmeister der Elektro-, Gebäude- und Alarmtechniker. Die Lehrlingsausbildung sei deshalb wichtiger denn je – und wird von den Betrieben auch forciert: Allein in der Kärntner Elektrobranche werden aktuell 379 Lehrlinge ausgebildet. Doch das seien zu wenig, um den Bedarf der nächsten Jahre abzudecken. Dass es künftig noch schwieriger sein werde, Fachkräfte zu finden, meint Klaus Rumpf, Landesinnungsmeister der Mechatroniker: „Ich denke, wir stehen bei dieser Problematik erst am Anfang. In den letzten Jahren ist es immer schwieriger geworden, Fachkräfte und gute Bewerber für Lehrstellen zu finden – und es wird auch künftig wohl nicht leichter werden.“ Dies bestätigt auch eine Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young. Laut dieser haben 79 Prozent der Unternehmen Probleme bei der Suche nach qualifizierten Arbeitskräften. 56 Prozent der Unternehmen verbuchen Umsatzeinbußen, weil sie keine geeigneten Fachkräfte finden.

 

Mit neuen Ideen gegen Fachkräftemangel

Man versuche, die Entwicklung mit neuen Ideen aufzuhalten. „Zum Beispiel mit der Lehre nach der Matura“, sagt Bernhard Plasounig, Lehrlingsbeauftragter der Wirtschaftskammer Kärnten. Immer mehr junge Menschen wüssten die praxisnahe Ausbildung nach der Matura zu schätzen. „Ich habe selbst zwei Lehrlinge im Betrieb, die zuerstdie Matura gemacht haben“, erzählt er. Auch die Lehre mit Matura werde immer stärker nachgefragt. Gleichzeitig gebe es allerdings das Problem, dass die Grundqualifikation sinke. „Als Lehrbetrieb kann man sich nicht mehr darauf verlassen, dass Lehrlinge die Kulturtechniken so beherrschen, wie es für den Start ins Berufsleben nötig wäre.“ Vor allem mangelnde Mathematikund Rechtschreib-Kenntnisse bringen dann oft Schwierigkeiten in der Berufsschule mit sich.

„Es ist verständlich, dass Betriebe dann sagen, dass sie den jungen Leuten nicht auch noch Lesen, Schreiben und Rechnen beibringen können“, so Plasounig. Umso mehr freue man sich darüber, dass Absolventen höherer Schulen und Universitäten sich für den Weg in die Lehre entscheiden. Der Vorteil für Jugendliche: Schulzeiten werden oft für eine Lehrzeit angerechnet oder können die Lehre aus Ausbildung sogar ersetzen.

 

Wie viel kostet ein Lehrling dem Betrieb?

Ein Thema sind für die Betriebe natürlich auch die Kosten für die Lehrlingsausbildung. „Wenn ein junger Mensch sich für eine höhere Schule entscheidet, übernimmt der Staat alle Kosten, aber bei der Lehrlingsausbildung sollen nur die Betriebe zahlen“, bringt es ein Unternehmer auf den Punkt. Dieses Ungleichgewicht sei ein weiterer Grund, warum immer weniger Betriebe ausbilden, ist er sich sicher.

Dass Lehrlinge tatsächlich teure Mitarbeiter sind, zeigt eine Berechnung des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft. Diese hat die Daten von 581 Lehrbetrieben in den 20 häufigsten Lehrberufen erhoben und kommt dabei zu folgendem Berechnungsergebnis: pro Jahr kostet ein Lehrling durchschnittlich zwischen 19.739 Euro (erstes Lehrjahr) und 26.528 Euro (drittes Lehrjahr). Der größte Kostenfaktor sind dabei die Lohnkosten. Sie liegen zwischen 57 Prozent im ersten Lehrjahr und 75 Prozent im vierten Lehrjahr. Die Personalkosten von Ausbildern machen je nach Lehrjahr zwischen einem Drittel und einem Fünftel der Gesamtkosten aus. Entscheidend ist aber die Gegenüberstellung: Das IBW untersuchte nicht nur, wie viel ein Lehrling kostet, sondern auch, wie viel er dem Unternehmen bringt. Kosten und Erträge wurden also gegenübergestellt. Dabei zeigte sich, dass die durchschnittlichen Nettoerträge im Schnitt in allen Lehrjahren negativ sind.

Vor diesem Zusammenhang bleibt natürlich die Frage, warum die gesamten Kosten für die Lehrlingsausbildung von Unternehmen zu tragen ist – während Schüler in höheren Schulen und in Universitäten über einen langen Zeitraum vom Staat (mit)finanziert werden. Ein Ungleichgewicht, das den Fachkräftemangel noch mehr verstärkt!

 

Text: Angelika Dobernig